Wiener Kongress-Bilanz 2010: Mehr Veranstaltungen, mehr Umsatz, weniger Nächtigungen
Wien (TP/OTS) - 2010 wurden in Wien um 14 Prozent mehr Kongresse
und Firmenveranstaltungen abgehalten als 2009, die durch sie bewirkte Wertschöpfung stieg um 4 Prozent und erreichte einen Höchststand, doch die Nächtigungen aus diesem Segment sanken um 3 Prozent. Über die Ergebnisse des Wiener Kongress-Jahres 2010 berichteten Vizebürgermeisterin Mag.a Renate Brauner, Tourismusdirektor Norbert Kettner und der Leiter des Vienna Convention Bureau im WienTourismus Christian Mutschlechner bei einer Pressekonferenz am Donnerstag, 14. April 2011. Die bei dieser Gelegenheit ebenfalls präsentierte Wiener Kongressstudie 2010 von Dr. Martina Stoff-Hochreiner zeigt Trends in Wiens Kongressgeschäft auf, und wie die Stadt von den Kongressgästen genutzt und beurteilt wird. Schönster Wert daraus: Ein Drittel von ihnen bezeichnete Wien als die beste Kongressdestination überhaupt.
"Mit 2.934 nationalen und internationalen Kongressen sowie Firmenveranstaltungen wurden in Wien 2010 um 14 Prozent mehr Tagungen abgehalten als 2009, bei der durch sie bewirkten landesweiten Wertschöpfung konnte mit einer Steigerung von 4 Prozent auf 767,8 Millionen EURO ein Höchststand erreicht werden, die Nächtigungen aus diesem Segment liegen mit 1.336.291 allerdings um 3 Prozent unter dem Vergleichswert 2009", resümierte Vbgmin Brauner Wiens Kongressergebnis 2010. "Die Gründe für diese unterschiedliche Entwicklung der Nächtigungen zu den anderen Kennzahlen liegen", so Brauner weiter, "in einer schon seit einigen Jahren weltweit bemerkbaren Veränderung der Teilnehmergewohnheiten bei internationalen Kongressen, die eine dominante Rolle in Wiens Tagungsgeschäft spielen: Die Delegierten reisen kaum noch mit Begleitpersonen zu Kongressen und neigen immer weniger zu einer Verlängerung ihres Aufenthalts in der Destination vor oder nach dem Kongress."
Als Konsequenz dieser Entwicklung konstatierte Brauner:
"Substanzielle Nächtigungssteigerungen aus diesem Segment werden künftig nur noch über die Steigerung der Anzahl an Veranstaltungen zu erzielen sein. Dabei werden jene Kongressstädte reüssieren, die mit entsprechender Infrastruktur, erstklassigen Services ihrer Tagungsindustrie und besonders effizienter Akquisition aufwarten können. Wien hat hier die besten Voraussetzungen, dafür hat die Stadt mit ihren Investitionen in die Kongressinfrastruktur ebenso vorgesorgt wie unsere auf die Ansprüche des Kongresswesens hervorragend eingestellte Hotellerie und viele weitere auf die Tagungsindustrie spezialisierte Wiener Betriebe, die mit hochprofessionellem Know-how und langjähriger Erfahrung aufwarten können. Ihnen allen und nicht zuletzt dem mit internationalen Auszeichnungen geradezu überhäuften Vienna Convention Bureau des WienTourismus verdankt Wien seine weltweit exzellente Reputation als Kongressdestination und seine seit Jahrzehnten fast schon 'gepachteten' Spitzenplatzierungen in den Statistiken für internationale Kongresse. Den gesamten Veranstaltungen der Wiener Tagungsindustrie 2010 ist außerdem die Sicherung von rund 15.000 Ganzjahresarbeitsplätzen zu verdanken."
Internationale Kongresse auch bei weniger Nächtigungen die ertragreichsten
Tourismusdirektor Kettner erklärte: "Da Wien im vergangenen Jahr bei den Gesamtnächtigungen einen Anstieg um 10,3 Prozent verbuchen konnte, der Tagungssektor aber ein rückläufiges Aufkommen hatte, hat sich sein Anteil am Gesamtnächtigungsvolumen 2010 auf 12 Prozent verringert. Nachdem sowohl die nationalen Kongresse als auch die Firmenveranstaltungen mehr Nächtigungen erbracht haben, sind die internationalen Kongresse zwar eindeutig die Verursacher des Rückgangs, doch gesamtwirtschaftlich sind sie trotzdem am ertragreichsten: Obwohl sie nur 20 Prozent aller Veranstaltungen repräsentieren, bringen sie mit 49 Prozent fast die Hälfte aller Teilnehmer, 69 Prozent der Nächtigungen und vor allem 77 Prozent der von Wiens gesamtem Kongress- und Tagungsaufkommen bewirkten Wertschöpfung. Ihnen ist auch der hohe Durchschnittswert der Gesamtausgaben zu verdanken, die Wiens Kongress- und Tagungsgäste 2010 in Wien getätigt haben. Er beträgt pro Kopf und Nächtigung 475 EURO, während der Vergleichswert von sämtlichen Wien-Besucherinnen und -Besuchern bei rund 270 Euro liegt."
Manche der internationalen Kongresse leisten über ihre unmittelbare Auswirkung hinaus auch wertvolle Werbung für Wien als Destination für private Reisen. Als Beispiel dafür nannte Kettner die Internationale AIDS-Konferenz, die das Highlight in Wiens Kongress-Kalender 2010 war. "Sie hat", wie er berichtete, "nicht nur 19.300 Delegierte aus 139 Ländern nach Wien gebracht und weitere 10 Kongresse im Vorfeld, was sich mit insgesamt rund 141.000 Nächtigungen zu Buche geschlagen hat, sondern auch rund 2.500 internationale Journalistinnen und Journalisten. Deren intensive Berichterstattung widmete sich nicht nur der Konferenz, sondern auch sehr stark Wien als besuchenswerter Stadt, wo Toleranz und Weltoffenheit gelebt werden."
Höchststand bei landesweiter Wertschöpfung und Steuereinnahmen
Von den in Wien 2010 abgehaltenen 2.934 Veranstaltungen (+ 14 Prozent) waren 935 Kongresse (+ 6 Prozent), 579 davon internationale (+ 4 Prozent) und 356 nationale (+ 9 Prozent) sowie 1.999 Firmenveranstaltungen (+ 18 Prozent). Die durch sie erbrachte landesweite Wertschöpfung von 767,8 Millionen EURO (+ 4 Prozent) war die höchste je erzielte. Sie verursachte Gesamtsteuereinnahmen von 213,8 Millionen EURO, davon kamen dem Bund 104,4 Millionen zugute, 25,8 Millionen Wien, der Rest den anderen Bundesländern bzw. Gemeinden. Die von der Unternehmensberaterin und Lehrbeauftragten an der Wirtschaftsuniversität Wien Dr. Martina Stoff-Hochreiner berechnete Wertschöpfung berücksichtigt sämtliche inlandswirksamen Umsätze. Diese umfassen neben den direkten Ausgaben von VeranstaltungsteilnehmerInnen, Veranstaltern, Ausstellern und Begleitpersonen auch die Umsätze in "vorgelagerten" Wirtschaftszweigen (z.B. Bauwirtschaft, Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Druckereigewerbe, Banken, Versicherungen, Kommunikationsunternehmen etc.).
Studie zeigt: Kongresse werden kaum noch touristisch genutzt
Stoff-Hochreiner analysiert im Auftrag des WienTourismus auch alle fünf Jahre Wiens nationale und internationale Kongresse, um Entwicklungen in diesem Bereich aufzuzeigen, aus denen sich Trends für die Zukunft ableiten und entsprechende Strategien für die Vermarktung der Kongressdestination ableiten lassen. Für die von ihr beim Pressegespräch präsentierte Studie waren von Oktober 2009 bis Oktober 2010 insgesamt 4.114 Personen (3.715 KongressteilnehmerInnen und 399 Aussteller) bei 35 Kongressen (26 internationalen, 9 nationalen) an 16 Tagungsstätten von Triconsult Ges.m.b.H. persönlich befragt worden. "Zu den markantesten Ergebnissen zählen", so Stoff-Hochreiner, "jene, die sich direkt auf die Nächtigungen auswirken. Dies sind zunächst die Begleitpersonen, die stark abgenommen haben: Kam 1991 noch auf etwas mehr als jeden zweiten Kongressteilnehmer eine Begleitperson, so war dies 2010 nur mehr bei jedem sechsten der Fall. Ebenfalls deutlich gesunken ist in der Periode 1991 bis 2010 die durchschnittliche Aufenthaltsdauer, nämlich von 7,3 auf 4,6 Tage. Sie war 2010 sogar erstmals identisch mit der durchschnittlichen Kongressdauer. Aufenthaltsverlängerungen sind mittlerweile schon Ausnahmefälle, und werden noch dazu kompensiert, von jenen TeilnehmerInnen und Teilnehmern, die nicht einmal für den ganzen Kongress bleiben. Zeit ist zu einem raren Gut geworden, dies zeigt sich auch bei der Frage, was eine Kongressteilnahme überhaupt verhindert: 68 Prozent der Befragten nennen hier Zeitmangel, während nur 49 Prozent Budgetmangel angeben. All diese Trends manifestieren sich deutlich in Wiens Ergebnis 2010; sie herrschen weltweit vor und werden sich fortsetzen."
"Dies lässt sich auch aus anderen Details der Studie klar ablesen", bestätigt Christian Mutschlechner, Leiter des Vienna Convention Bureau, "denn alles läuft darauf hinaus, dass Kongresse -aus Teilnehmersicht - ihre touristische Funktion weitgehend verloren haben und beinahe nur noch als Arbeitstermine wahrgenommen werden. Die Auswirkung dieser Haltung schlägt sich nicht nur in den Rückgängen von Begleitpersonen und Aufenthaltsverlängerungen nieder, sondern auch in den Aktivitäten der Delegierten vor Ort: Wir sehen einen signifikanten Rückgang bei der Teilnahme an den von Kongressveranstaltern organisierten offiziellen Rahmenprogrammen. Wurden diese 2004 noch von 75 Prozent der Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer genutzt, so war dies 2010 nur mehr bei 53 Prozent der Fall. Die Zeit wird stattdessen für berufsorientierte Tätigkeiten aufgewendet: 17 Prozent geben an, dass sie heute deutlich mehr Zeit bei Sitzungen und Fortbildungsprogrammen verbringen als früher, und dieser Wert wird noch relativiert durch 28 Prozent, die noch nicht lang genug Kongresse besuchen, um hier einen Vergleich anstellen zu können. In dieselbe Richtung weisen die Werte, wenn es darum geht, was welchen Stellenwert bei einem Kongress hat: Als Gelegenheit zum Networking ist der Kongress für 52 Prozent der Delegierten sehr wichtig, als Diskussionsplattform für 44 Prozent und als Fortbildungsveranstaltung für 43 Prozent. Hingegen messen lediglich 20 Prozent touristischen Aspekten große Wichtigkeit bei."
Attraktivität der Destination als Pünktchen auf dem "i" im Konkurrenzwettkampf
Doch Mutschlechner hält auch fest: "Das heißt nun aber keineswegs, dass die Qualitäten einer Destination über ihr kongressbezogenes Angebot hinaus keine Bedeutung mehr haben. In der Akquisition können mitunter gerade sie noch jenes Pünktchen auf das 'i' setzen, mit dem man eine Konkurrenzstadt aussticht. Bei der - wie bereits erwähnt wurde - so wesentlichen Gewinnung von Neugeschäft, sind wir sehr froh, auch diesbezüglich starke Argumente ins Treffen führen zu können, denn Wien hat von den Befragten sowohl als Kongressdestination als auch allgemein als Stadt Top-Werte erhalten."
Diese können sich in der Tat sehen lassen: Genau ein Drittel der Befragten bezeichnete Wien als die beste Kongressdestination überhaupt, für 61 Prozent ist es ein bevorzugter Kongressstandort, und nur 6 Prozent sehen das nicht so. Unter den Vorzügen Wiens nennen dabei 50 Prozent das Flair der Stadt, 25 Prozent seine zentrale Lage und Funktion als Wirtschaftszentrum, und 18 Prozent das effiziente Kongressmanagement. Auch als Stadt generell wird Wien hoch geschätzt:
51 Prozent der Befragungsteilnehmer vergaben dafür die Bestnote "sehr gut", 48 Prozent die Bewertung "gut", nur 1 Prozent entschied sich für "weniger gut". Dies ist wohl auch der Grund für die hohe private Besuchsabsicht in den Folgejahren: 11 Prozent planen bereits fix einen privaten Aufenthalt in Wien, und 62 Prozent ziehen dies in Erwägung.
Liebste Freizeitaktivitäten: Shopping und Museumsbesuch
Übernachtet wird von den KongressteilnehmerInnen zu 85 Prozent in Hotels, 7 Prozent quartieren sich in Pensionen ein, 8 Prozent privat. Die Nächtigungskosten machen mit 24 Prozent auch den größten Posten bei ihren inlandswirksamen Ausgaben aus, gefolgt von jenen für An-und Abreise (21 Prozent) und der Kongressgebühr (18 Prozent). 14 Prozent entfallen auf Einkäufe, 10 Prozent auf die Verpflegung, 6 Prozent auf Kultur- und Freizeitaktivitäten. Bei den Nächtigungen zeigt sich ein Trend zur 4-Sterne-Kategorie, die ihren Anteil auf 49 Prozent erhöht hat (2004 waren es 43 Prozent), während jener der Luxushotellerie auf 19 Prozent gesunken ist (2004 waren es 24 Prozent).
Die An- bzw. Abreise erfolgt hauptsächlich per Flugzeug (76 Prozent), nur 11 Prozent nehmen dafür das Privatauto und 10 Prozent den Zug; in Wien ist man hauptsächlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, sowohl zur Tagungsstätte (72 Prozent) als auch für sonstige Wege (75 Prozent), aber auch viel zu Fuß (24 Prozent bzw. 29 Prozent) und nur fallweise per Taxi (12 Prozent bzw. 18 Prozent). Liebste Freizeitaktivität der Kongressgäste ist das Shopping, dem 52 Prozent nachgehen, 19 Prozent absolvieren einen Museumsbesuch, 13 Prozent einen Stadtbummel, 10 Prozent einen Opern-und 5 Prozent einen Konzertabend. Beim Sightseeing dominiert der Stephansdom mit 9 Prozent vor Schloss Schönbrunn mit 6 Prozent. Jeweils 4 Prozent besuchten die Hofburg, die Albertina, das MuseumsQuartier, das Riesenrad und das Belvedere. 6 Prozent nützen ihren Wien-Aufenthalt, um Freunde zu besuchen. Tagsüber verpflegt man sich vorwiegend in der Tagungslocation (73 Prozent), während man abends die Gastronomie in der Stadt frequentiert (93 Prozent).
Highlights für Wiens Tagungsindustrie 2011
o Europäischer Radiologenkongress: 20.000 TeilnehmerInnen, 3. - 7.3., Austria Center Vienna o Europäische Psychiatervereinigung 3.000 TeilnehmerInnen, 13. - 16.3., Austria Center Vienna o Europäischer Urologiekongress 12.000 TeilnehmerInnen, 18. - 22.3., Austria Center Vienna o Europäische Vereinigung der Spitalsapotheker 3.000 TeilnehmerInnen, 30.3 - 1.4., Austria Center Vienna o Europäische Geowissenschaftliche Union 10.000 TeilnehmerInnen, 3. - 8.4., Austria Center Vienna o Internationales Wiener Motorensymposium 1.000 TeilnehmerInnen, 5. - 6.5., Hofburg Vienna o Europäische Geologen und Ingenieure 9.500 TeilnehmerInnen, 23. - 26.5., Reed Messe Wien o Deutsche und Österreichische Gesellschaft für interne Intensivmedizin und Notfallsmedizin 1.500 TeilnehmerInnen, 15. - 18.6., Hofburg Vienna o Wiener Energiekonferenz 1.000 TeilnehmerInnen, 21. - 23.6., Hofburg Vienna o Europäische Kinderfachärzte 3.000 TeilnehmerInnen, 23. - 26.6., Austria Center Vienna o Internationale Konferenz für Computersysteme in Molekular Biologie und Biologie 1.800 TeilnehmerInnen, 15. - 19.7., Austria Center Vienna o Weltkongress für Ultraschall in Medizin und Biologie 3.000 TeilnehmerInnen, 26. - 29.8., Austria Center Vienna o Europäischer Kongress für Augenchirurgie 6.000 TeilnehmerInnen, 17. - 21.9., Reed Messe Wien o Internationales Druck- und Zeitschriftenwesen 9.000 TeilnehmerInnen, 10. - 13.10., Reed Messe Wien
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