Gelebte Werte, funktionierender Markt: Was die Hotellerie im Vorfeld der Krise 2.0 braucht

Beim Tourismus wird gespart, aber "unbegrenzte Mittel" für die Industrie

Wien (TP/OTS) - "Erschüttert" war Andrea Hodoschek, stv. Leiterin des Ressorts Wirtschaft im Kurier, über Auslastung, Erträge und Prognosen in der Top-Hotellerie, bei einer prominent besetzten Diskussionsrunde zu den Erfolgsfaktoren für die Branche.

Das sei umso dramatischer, als EU-Währungskommissar Ollie Rehn nur wenige Stunden davor konstatiert hatte, dass das Wirtschaftswachstum in Europa zum Stillstand gekommen sei. Die Vorteile österreichischer Gastgeber im internationalen Vergleich kamen unter diesen Vorzeichen in der lebendigen Diskussion naturgemäß weniger zur Sprache als vielmehr eine Analyse, wo Verbesserungen vonnöten sind. Die Erfahrungen und das Know-how der Diskussionsteilnehmer, die der Travel Industry Club Deutschland ins Le Meridien geladen hatte, garantierten eine exzellente Expertise:
- Sepp Schellhorn, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung
- Rudolf Tucek, CEO Cube Hotels
- Gerhard Messinger, Vorsitzender der Geschäftsführung Austria Trend Hotels
- Thomas Willms, Regional Director CEE Starwood Hotels, und
- Tourismusberater Dr. Manfred Kohl.

Schellhorn: Gefördertes Bettenüberangebot wieder vom Markt nehmen

Schellhorn sieht die Branche selbst genauso gefordert wie die Partner in Politik und Wirtschaft. Handlungsbedarf bestehe in den Bereichen Distribution, Finanzierung und Mitarbeiter. Im Abschwung werde sich rächen, was bisher nicht erledigt wurde: "Das geförderte Bettenwachstum in den höheren Kategorien wurde durch den Wegfall im unteren Drittel bei weitem nicht kompensiert. Heute leiden wir an dem Überangebot und der geringen Attraktivität vieler Betten, die dringend vom Markt gehören. In der Krise, wenn die Nachfrage zurückgeht, noch viel mehr", so Schellhorn. Spezielle steuerliche Lösungen für die Betriebsaufgabe würden zur notwendigen Stabilisierung beitragen. "Volkswirtschaftlich wäre das ein Gewinn." Schon im Zuge der letzten Krise warnten Experten vor einer Rezession in zwei Wellen. Reagiert wurde nicht. Jetzt werden Tourismusbetriebe belastet und der Industrie für die Kurzarbeit unbegrenzt Mittel zur Verfügung gestellt: "Das sagt eigentlich schon alles aus."

Tucek: Chancen und Gefahren, Werte anstelle von Schnellschüssen

Tucek griff Schellhorns Statement auf und verwies auf die Chancen, die in den neuen Technologien stecken: "Die Hotellerie hat den Vertrieb aus der Hand gegeben. Moderne Informationstechnologien bieten die Möglichkeit, verlorenes Terrain zurückzuerobern." Offensichtlich sei die Wirtschaftskrise direkte Folge einer Wertekrise. Oberflächliche Polituren zur Behandlugn struktureller Probleme müssten sich allerdings als Fehlschlag herausstellen. Anhand eines anschaulichen Beispiels zeigte Tucek die wirtschaftlichen Folgen des Werteverfalls auf: "Dieser Verfall führt zu irrsinnig vielen Scheidungen und Alleinerziehern. Dass die wenig Geld für Urlaub haben, ist erstens klar und das kann man ihnen zweitens nicht vorwerfen. Aber Gratisliftkarten senken die Scheidungsraten nicht", kritisiert Tucek Schnellschüsse, die sich über kurz oder lang als Rohrkrepierer erweisen. Ganz im Gegenteil schaden derartige Aktionen nicht nur kurzfristig durch mehr Aufwand und weniger Einnahmen, sondern auch durch die Signalwirkung: Was nichts kostet, ist nichts wert, und die Abwärtsspirale im Preisgefüge dreht sich weiter.

Kohl: Mit weiblichen Stärken zum Erfolg

Kohl betonte den hohen Stellenwert der Stimmung für den Tourismus, der nicht so stark in die Krise gerutscht sei wie andere Branchen. Ausschlaggebend sei der Umgang mit notwendigen Veränderungen. "Weibliche Qualitäten" wie Kreativität und Intuition, die er auch bei Männern ortet, müssten in den Betrieben verstärkt ausgespielt werden:
"Werte müssen gelebt werden, und zwar ganz oben in der Hierarchie. Weil aber viele Unternehmer und Manager das Denken in 'big pictures' in nicht beherrschen, wird ein Ausleseprozess einsetzen", so Kohl.

Messinger: Durchschnittspreise fangen oben an

Messinger forderte einen differenzierten Zugang zur Diskussion:
"Gejammert wird schon genug, aber man kann die Krise nicht wegleugnen!" Er nimmt die Top-Betriebe für den Preisverfall in die Verantwortung: "Bei den 5-Sterne-Hotels wurden die Preise zu schnell gesenkt. Aus heutiger Sicht ist zu bezweifeln, dass das notwendig war."

Willms: Gutes Jahr für Starwood, Abschwung setzt ein

Willms berichtete über ein überaus gutes Jahr in der Starwood-Gruppe mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen von Rückgängen in Afrika und Asien über stabile Zugewinne in Österreich und Deutschland bis hin zu starken Steigerungen etwa in Polen - und einem durchschnittlichen Ratenplus von 9 bis 11 %. Wie wichtig das ist, zeichnet sich bereits ab: In Rom, Paris und London ist die Krise schon spürbar: "Dort traditionell als erstes nach New York, anderen Städte folgen nach 9 bis 11 Monaten." Die auch vor der Krise schon zu niedrigen Preise in Wien begründet er mit fehlenden Business-Gästen, die unter der Woche für Belegung sorgen und die Raten heben. "Wien ist am Wochenende oft besser gebucht als unter der Woche."

Die ÖHV gestaltet als freiwillige und parteiunabhängige Interessenvertretung der führenden Hotellerie durch Lobbying die Rahmenbedingungen für modernes Unternehmertum. 1.200 Mitgliedsbetriebe nutzen operative Dienstleistungen in Marketing und Weiterbildung genauso wie ihren Vorsprung durch Innovation und Vernetzung. Mit rund 152.000 Betten - das entspricht zwei Drittel der Kapazität in der 4- bis 5-Sterne-Superior-Hotellerie - und mehr als 40.000 Mitarbeitern erwirtschaften die ÖHV-Mitglieder einen Gesamtumsatz von rund 3 Mrd. Euro. Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft generierte als Österreichs Wirtschaftsmotor 2010 über direkte und indirekte Wertschöpfung 15,1 % des BIP und jeden 5. Vollarbeitsplatz.

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V.l.n.r.: Thomas Willms, Regional Director CEE Starwood Hotels, Rudolf Tucek, CEO Cube Hotels, Gerhard Messinger, Vorsitzender der Geschäftsführung Austria Trend Hotels, Diskussionsleiterin Andrea Hodoschek, stv. Leiterin Wirtschaft Kurier, ÖHV-Präsident Sepp Schellhorn und Tourismusberater Dr. Manfred Kohl.
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