Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, vom 22. Februar 2023. Von Alois Vahrner: "Tourismus-Erfolge und neue Krisen".
Innsbruck (OTS) - Tirols Tourismus ist nach den harten Corona-Jahren zurück in der Erfolgsspur – trotz vieler neuer Unsicherheiten, Energiesorgen und eines kräftigen Preisschubs. Und trotzdem kann es ein alleiniges „Weiter so“ nicht geben.
Vor fast drei Jahren passierte, was vorher eigentlich völlig unvorstellbar war: Die auf Hochtouren laufende Wintersaison (Tirols Tourismus war unterwegs zu einem neuen Rekordergebnis) wurde Mitte März wegen der sich rasant ausbreitenden Corona-Infektionen einfach abgebrochen, von einem Tag auf den anderen wurden ganze Wirtschaftsbereiche von der Politik über Monate einfach stillgelegt. Einem halbwegs geglückten Comeback im Sommer folgten dann im Herbst 2020 ein monatelanger Lockdown und ein Total-Ausfall der kompletten Wintersaison und damit von Milliarden-Einnahmen. Anders als in der Schweiz, wo der Tourismus nicht zugedreht wurde und sich das Minus mit 20 bis 25 Prozent im Rahmen hielt. Nach einem weiteren Lockdown in Österreich im Herbst 2021 durfte dann die letzte Wintersaison vor Weihnachten unter diversen Auflagen doch starten.
Nach den Jahren mit zeitweise gesperrten Grenzen, Einreiseverboten und Lockdowns ist Corona seit 2022 glücklicherweise im heimischen Tourismus kein Thema mehr. Dafür sorgten der Ukraine-Krieg und als Folge die massive Teuerungswelle und vor allem Ängste über die Energieversorgung für neue Unsicherheiten. Blackouts oder Zwangs-Energieabschaltungen blieben aber in diesem Winter bisher aus. Und auch die Gäste ließen sich von den teils deutlichen Preiserhöhungen bei der Anreise, bei Hotels, Gastronomie und Seilbahnen nicht abschrecken. Und offenbar scheint auch der einstige Imageschaden nach der Causa Ischgl,
als Tirol aus dem Ausland (allen voran Bayerns Ministerpräsident Markus Söder) Geschäftemacherei auf Kosten der Gesundheit vorgeworfen worden war, längst verblasst.
Tirols Tourismus läuft wieder auf Hochtouren – das ist erfreulich und ein Garant für den Wohlstand gerade auch in den Tälern und für Tausende an der Leitbranche hängende Betriebe, etwa im Gewerbe oder Handel. Mit dem fulminanten Comeback sind aber auch alte und neue Probleme wieder auf dem Tapet: etwa die Belastung durch den An- und Abreiseverkehr vor allem an den Wochenenden, die Frage nach Entwicklungsmöglichkeiten versus einem Ausbau-Stopp. „Genug ist genug“, hatte Tobias Moretti vor Jahren bei einer vielbeachteten Rede zum 125-Jahr-Jubiläum der Tirol Werbung gemeint. Ja, es geht auch um Belastungsgrenzen, um die Steigerung der schleichend geschwundenen Tourismusgesinnung (was sich auch im Nein zu dritten Olympischen Spielen gezeigt hat) und die Frage, wie auf den – gerade auch in diesem Winter besonders sichtbaren – Klimawandel reagiert werden soll und muss. Tirols Tourismus ist gerade auch bei der Qualität im Winter Weltspitze. Will er das bleiben, muss er all diese Zukunftsfragen offensiv klären.
Rückfragen & Kontakt:
Tiroler Tageszeitung
0512 5354 5101
chefredaktion@tt.com